20.11.2014

Schuldenbremse darf nicht Investitionsbremse werden!

Die diesjährige Mitgliederversammlung der Bau- und Baustoffindustrie traf in diesem Jahr auf ein positives konjunkturelles Umfeld. Die Auftragseingänge in den ersten acht Monaten sind im Wohnungsbau (+ 49,1 %) und Wirtschaftsbau (+ 4,7) gestiegen. Erfreulich sind auch die vielen Projekte im Straßen- und sonstigen Tiefbau, die nach einem verhaltenen Auftakt zur Ausschreibung und Umsetzung gekommen sind. Wermutstropfen sind die Aufträge, die vielfach an außersaarländische Anbieter gingen, sowie der zuletzt durch die Landesregierung gestoppte Ausbau der Nordumfahrung Merzig.

„Steht nun zu hoffen“, so der Vorsitzende der Saarländischen Bauindustrie Klaus Ehrhardt in seiner Begrüßung, „dass die von der Landesregierung einzuhaltende Schuldenbremse nicht zur Investitionsbremse wird, da die Haushaltskonsolidierung offensichtlich Vorrang vor dem Abbau des öffentlichen Investitionsstatus hat“. Trotz steigender Gewerbesteuereinnahmen würden auch die saarländischen Kommunen, derzeit mit rd. 6 Mrd. Euro verschuldet, ihre angezogene Investitionsbremse kaum lockern. Umso bedeutender sei es, dass die seit Jahren vom AGV Bau Saar geforderten wiederkehrenden Beiträge für dringend erforderliche Investitionsaufwendungen für Verkehrsanlagen nun durch die CDU in die politische Diskussion eingebracht worden seien. Abschließend forderte Ehrhardt jetzt auch konkrete Arbeitsaufträge an die Landesregierung.

Im Vorfeld der Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen stand auch der „Tag der kommunalen Infrastruktur“, gemeinsam von Hauptverband Bauindustrie, dem Bundesverband Baustoffe Erden und dem BDI am 22. September in Berlin durchgeführt, auf dem die Forderung nach Bereitstellung ausreichender Finanzmittel zum Abbau des kommunalen Investitionsstaus postuliert wurde.

Investitionsstandort Saarland kein Selbstläufer

Jürgen Heinz, Vorsitzender der Saarländischen Baustoffindustrie, forderte in seiner Begrüßung erhebliches Engagement von Politik und allen gesellschaftlichen Gruppen, um den Industrie- und Investitionsstandort Saarland nicht nur zu halten, sondern attraktiver für Neuansiedelungen zu machen. So müssten, Heinz weiter, mit entsprechenden politischen Maßnahmen die Abwanderung von Unternehmensinvestitionen ins Ausland gestoppt und private Investitionen im Inland mit höheren Anreizen belohnt werden. Ansatzpunkte seien vor allem die hohen Standort- und Energiekosten, die saarländische Unternehmen gegenüber ihrer Konkurrenz im In- und Ausland zu stemmen hätten. Das Saarland sei mit seinen Gewerbesteuerhebesätzen (+ 10 %) und der Grunderwerbsteueranhebung auf 6,5 % zum Ende des laufenden Jahres gegenüber anderen Bundesländern zum Hochsteuerland geworden und somit für Ansiedelungen nicht mehr attraktiv. Zudem gelte es, bundesweit das Image des Saarlandes zu stärken.

Erhöhter Handlungsbedarf

„Das Saarland ist ein toller Standort, für den es sich zu arbeiten und zu kämpfen lohnt!“. Das Saarland, so der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen in seinem knapp einstündigen Vortrag, habe von der Krise in der Montan- und Stahlindustrie mit dem Verlust von knapp 90.000 Arbeitsplätzen eine unglaubliche Wende hin zum Industriestandort Saarland mit einem überaus starken Fahrzeug-, Maschinen- und Stahlbau durchgemacht. Mit der Weltwirtschaftskrise sei auch wieder eine Trendwende weg von der reinen IT und Bankenwelt hin zur Industrie erfolgt. So werden im Saarland mit rund 55 % der Arbeitsplätze rund zwei Drittel des industriellen Umsatzes erwirtschaftet. Als Exportland (rd. 48 % Direktexporte) habe das Saarland von der Globalisierung profitiert, sei jedoch auch mehr als jedes andere Bundesland abhängig von der  Weltwirtschaft.

Liege das Saarland mit seiner Wirtschaftskraft bundesweit je nach Betrachtungsweise an 2. oder 3. Stelle, fiele es jedoch bei der Entwicklung seiner Wirtschaftsleistung in den vergangenen 15 Jahren weit unter den Bundesdurchschnitt zurück. Hier sei es nun die Aufgabe der Politik, in den kommenden Jahren den positiven Impulsen für die saarländische Wirtschaft auf der Nachfrageseite auch entsprechende Angebotsbedingungen gegenüberzustellen, die das Saarland für Investoren attraktiv machten. Dabei seien die bis 2020 einzuhaltende Schuldenbremse und der Fachkräftemangel zu schultern. Hier gäbe es über die von der Politik angedachten Maßnahmen hinaus zahlreiche weitere Ansatzpunkte. So läge beispielsweise das Saarland mit rd. 42 Staatsdienern pro 1.000 Einwohnern an der Spitze aller Bundesländer (+ 17 %). 95 % mehr als der Bundesschnitt hätten die Saarländer bei den Sozialkosten für Erziehung und Eingliederungshilfe, insbesondere bei der Jugendhilfe, zu meistern. Besondere Gründe und Erklärungen gäbe es dafür nicht, hier bestehe erhöhter Handlungsbedarf. Demgegenüber beliefen sich die Investitionen der Länder und Kommunen je Einwohner im Saarland nur auf 280,- Euro pro Einwohner im Vergleich zum Doppelten und Dreifachen von Ländern wie Bayern, Baden-Württemberg. Angesichts der derzeitigen Finanzlage sei Sparen wichtig, allerdings gelte es, eine vernünftige Balance zwischen konsumtiven und investiven Ausgaben zu finden und die eingesparten Mittel nicht nur zur Schuldentilgung, sondern vor allem für investive Maßnahmen zu nutzen.

„Das Saarland hat große Potenziale, einen hohen Exportanteil und kann von der Welt profitieren. Allerdings muss die Politik ihre Hausaufgaben machen, es muss im Land mutig vorangehen.“  Nur dann, so Klingen abschließend, habe das Saarland auch in Zukunft Chancen auf eine eigene Existenz und sei ein attraktiver Industrie- und Investitionsstandort.

 

 

 

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