31.05.2021

Materialknappheit belastet Baukonjunktur

Die Bauunternehmen registrieren bei Preisanfragen zu verschiedenen Baumaterialien seit dem vierten Quartal 2020 Preissteigerungen insbesondere bei Stahl, Holz wie auch Dämmstoffen, und das mit einer sehr dynamischen Entwicklung, teilweise mit erheblichen Lieferengpässen. Gegenüber September 2020 verzeichnet die Branche nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Preiszuwächse bei Holz um ca. 15 -20 %, bei Dieselkraftstoff um 20 %, bei Mineralölerzeugnissen um 15 % und bei Betonstahl um fast 30 %.

Zu dem massiven Anstieg der Preise kommen Lieferengpässe hinzu, die vor allem Holz, Kunststoffe und Stahl betreffen, alles Produkte, die für die Bauwirtschaft von größter Bedeutung sind. Die Ursachen sind in der Corona-Pandemie begründet, die mit dem Wiedererstarken der Volkswirtschaften in den USA und in China die internationalen Lieferketten durcheinander gewirbelt hat.

Holzknappheit

Holz wird auf dem Weltmarkt gehandelt, an sich kein neues Phänomen. Neu ist, dass auch Holz aus deutschen Wäldern dazu zählt. Zu dieser Entwicklung tragen zwei Faktoren besonders bei: Das ist zum einen eine drastische Verknappung des Holzangebots in den USA. Diese hat ihre Ursachen in den Waldbränden und den Zöllen auf kanadische Holzlieferungen, die aus der Regierungszeit von Präsident Trump resultieren. Hinzu kommt, dass auch Kanada mit einem Käferbefall zu kämpfen hat. Kanada liefert deshalb weniger Holz in die USA. Daher haben sich die Schnittholzlieferungen aus Deutschland in die USA drastisch erhöht.

Zum anderen hat Russland einen Exportstopp für Rohholz nach China angekündigt, den das Land bereits umsetzt. Daher kauft China in großem Stil Rundholz in Deutschland für den eigenen Markt ein. Die hohe internationale Nachfrage nach Holz, der Schädlingsbefall von Wäldern in Europa und Kanada sowie Exportbeschränkungen führen zu steigenden Preisen und Holzknappheit in Deutschland, auch weil in anderen Ländern deutlich mehr für Schnittholz gezahlt wird.

Kunststoffmangel

Derzeit besteht ein erheblicher Mangel an sämtlichen Kunststoffprodukten, dazu zählen u.a. Dämmmaterialien, Folien, aber vor allem auch Kunststoffrohre. Hier sind die Ursachen vielfältiger: Rund die Hälfte der Produktionskapazitäten für die Grundstoffe der Kunststoffproduktion liegt in Asien; hier wurden die Produktionskapazitäten erst im III. Quartal 2020 mit dem Anspringen der dortigen Konjunktur wieder hochgefahren. Aber ein wesentlicher Teil der Produktion gelangt nicht nach Europa, sondern in die im November 2020 ins Leben gerufene Freihandelszone RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership), die größte der Welt. Zudem sind große Produktionsanlagen in den USA, vor allem in Texas, wegen des heftigen Wintereinbruchs im Februar 2021 ausgefallen. Auch in Europa sind große Werke ausgefallen, so z.B. die wichtigen Styrol und Propylenoxid (Kunststoffe) produzierenden Werke in den Niederlanden („unvorhersehbarer Schaden“) im Februar 2021 und in Frankreich (technische Probleme) im November 2020. Weiterhin sind Lieferketten infolge der Corona-Pandemie wie auch der Schiffshavarie im Suez-Kanal im März 2021 unterbrochen. Störungen in der Produktion sowie Unterbrechungen in der Lieferkette, aber auch eine steigende Nachfrage nach Baustoffen führen zu steigenden Preisen und zur Baustoffknappheit in Deutschland.

Stahlpreise

Die derzeitigen hohen Stahlpreise sind zunächst der im III. Quartal 2020 angesprungenen Nachfrage in China geschuldet. Das Land wurde vom Stahlexporteur zum Stahlimporteur. Daher besteht auch ein Exportverbot für Stahlschrott. Neben der Bauwirtschaft besteht derzeit eine starke Nachfrage im Automobilbau.

Dennoch waren die Produktionsanlagen in Europa (Polen, Frankreich, Österreich, Italien und Deutschland) im vergangenen Jahr um 15 % - 20 % unterausgelastet. Das grundsätzliche „Problem“ einer weltweiten Überkapazität bei der Stahlproduktion bleibt bestehen. Aber die Stahlproduzenten nehmen das derzeitige Preissteigerungspotential mit.

Mineralische Baustoffe

Für die Preisentwicklung bei mineralischen Baustoffen, die größtenteils aus Deutschland bzw. aus Europa kommen, lassen sich nur moderate Steigerungen konstatieren, obwohl in einigen Teilen Deutschlands bereits Versorgungsengpässe bei einzelnen Gesteinskörnungen festzustellen sind. Ein Beispiel für aktuelle Herausforderungen der heimischen Rohstoffversorgung stellt die Versorgung mit Gips für die Bauwirtschaft dar. Die Hälfte des Gipsbedarfes in Deutschland wird derzeit mit REA-Gips, die restlichen Bedarfe mit Naturgips gedeckt. Mit der Reduktion der Kohleverstromung entfallen zukünftig auch große Kapazitäten zur Herstellung von REA-Gips, die aufgrund der unverändert hohen Nachfrage mit Naturgips oder Recyclingmaterial gedeckt werden müssen. Gipsrecycling wird den zukünftigen Bedarf vor allem auf Grund der geringen Mengen von recycelbaren Gipsabfällen nur in begrenztem Maße decken können.

Es ist Aufgabe der Politik in einer nationalen bzw. europäischen Rohstoffstrategie, die Versorgung der deutschen Wirtschaft, und hier besonders der Bauwirtschaft mit Rohstoffen sicherzustellen.

Für den Bereich der Primärrohstoffe bedeutet dies, dass ihr Abbau weiterhin möglich sein muss. Deutschland verfügt über genügend Rohstoffe, also Holz, Sand, Kies und Gips. Man muss diese nur nutzen dürfen.  D.h. Kies- und Sandgruben sowie Abbaugebiete für Gips müssen weiterhin genehmigt und nicht als unnötiger Eingriff in den Landschaftsschutz abgelehnt werden. Beim Bauen mit heimischen Rohstoffen entfallen lange Transportwege; der Ausstoß von Treibhausgasen reduziert. Die Verfügbarkeit von heimischen Baustoffen verringert die Abhängigkeit von den internationalen Rohstoffmärkten und den damit verbundenen Preis- und Lieferrisiken. Darüber hinaus verbleiben die Wertschöpfung sowie Investitionen im eigenen Land. Die Umsetzung wichtiger Bauaufgaben im Wohnungsbau, der energetischen Sanierung, des Bau- und Ausbaus des deutschen Straßen- und Schienennetzes sowie zur Erreichung der Klimaschutzziele wird ermöglicht.

Forderungen

  • Verlängerung der Erleichterungen zur Beantragung von Kurzarbeitergeld bis zum 31. Dezember 2021 für alle Betriebe.
  • Verlängerung der Regelung zur Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
  • Berücksichtigung von Stoffpreisgleitklauseln bei neuen Aufträgen im öffentlichen Bau
  • Verzicht auf Sanktionen bei Verzögerungen im Bauablauf aufgrund von Lieferengpässen
  • Nationale bzw. europäische Rohstoffstrategie für Baustoffe.

Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes hat mit Wirtschaftsminister Altmeier über die Beschaffungsprobleme bei Baumaterialien gesprochen und neben der kurzfristigen Aufhebung der Kurzarbeiterbeschränkung, der Aufhebung der Beschränkungen beim Holzeinschlag und der Legitimierung von Stoffpreisgleitklauseln eine nationale bzw. europäische Rohstoffstrategie und – wo möglich - die Rückbesinnung auf die heimische Rohstoffproduktion gefordert. Diese Forderungen wurden an Wirtschaftsminister Altmeier postuliert, dessen Antwort für Mitte dieser Woche angekündigt ist. Sehen Sie hier den kurzen Tweet von ZDB-Hauptgeschäftsführer Pakleppa: HIER. Am 25. Mai berichtete die Tagesschau über die dramatische Preisentwicklung bei einigen Baumaterialien. ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa erklärte, dass jetzt Baustellenstopps und Kurzarbeit drohen - und die Politik daher zum Handeln aufgefordert ist.

Beigefügt dürfen wir Ihnen den ZDB-Baustein zum Thema „Materialengpässe“ überlassen.

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