05.12.2014

Bauwirtschaft in stetigem Wandel

Wir befinden uns wieder einmal am Ende eines Baujahres. Die außergewöhnlich günstigen Umstände zu Beginn des Jahres (ich denke hier an den milden Winter, der uns sozusagen durcharbeiten ließ), aber auch die äußerst positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ließen uns geradezu euphorisch in das Baujahr 2014 starten und ein Umsatzplus von 3,5 % prognostizieren. Nach einer Sommerflaute mit rückläufigen Umsätzen fällt in der Bauwirtschaft nun jedoch auch die Herbstbelebung aus, Ernüchterung setzt ein.

Im Baujahr 2014 standen auf Bundesebene unter anderem zwei große Themenkomplexe im Vordergrund, auf die ich an dieser Stelle näher eingehen möchte. Das eine ist das Thema Infrastruktur, das andere ist die Meisterpflicht als Zulassungsvoraussetzung zur Gründung und Führung eines eigenen Betriebes.

Dauerbrenner Infrastruktur

Dass die Infrastruktur ein Dauerthema ist, freut uns zwar. Auf der anderen Seite ist es bedauerlich, dass es überhaupt ein Dauerbrenner sein muss. Das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Anfang November angekündigte 10 Mrd. Euro Investitionsprogramm für die Jahre 2016 bis 2018, von dem rund 5 Mrd. Euro der Verkehrsinfrastruktur zu Gute kommen, ist sicherlich ein wichtiges Signal zur richtigen Zeit. Hilft es doch, den massiven Investitionsstau in der öffentlichen Infrastruktur abzubauen, den Wirtschaftsstandort zu stärken und neues Wachstum zu generieren. 10 Mrd. Euro Infrastruktur und 5 Mrd. Euro jährlich bundesweit für die Verkehrsinfrastruktur! Rechnen wir diesen Betrag nun auf das Saarland herunter und vergegenwärtigen wir uns, dass im Saarland rund zwei Drittel aller Straßen in kommunaler Hand sind, so können wir uns ausrechnen, was letztendlich übrig bleibt. Daher ist dieses sicherlich notwendige Investitionsprogramm für das Saarland nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Soweit zu den Bundesmitteln. Was die Landesmittel anbelangt, steht nun zu hoffen, dass die von der Landesregierung einzuhaltende Schuldenbremse nicht zur Investitionsbremse wird, da die Haushaltskonsolidierung offensichtlich Vorrang vor dem Abbau des öffentlichen Investitionsstatus hat. Oberste Priorität der derzeitigen Regierung ist es, 2015 ohne neue Schulden auszukommen. Somit wird sich auch 2014 der Werteverzehr am öffentlichen Kapitalstock fortsetzen; in den Jahren 2012 und 2013 waren dies immerhin jeweils mehr als 4 Mrd. Euro. Trotz steigender Gewerbesteuereinnahmen werden auch die saarländischen Kommunen, derzeit mit insgesamt rund 6 Mrd.

Euro verschuldet, ihre angezogene Investitionsbremse kaum lockern. Umso bedeutender ist es, dass die seit Jahren vom AGV Bau Saar geforderten wiederkehrenden Beiträge für dringend erforderliche Investitionsaufwendungen für Verkehrsanlagen nun durch die CDU in die politische Diskussion eingebracht worden sind. Steht zu hoffen, dass jetzt auch konkrete

Arbeitsaufträge an die Landesregierung folgen.

Ja zum Meister!

Thema Meisterpflicht: Die EU-Kommission hat im Oktober 2013 angekündigt, die so genannten „reglementierten Berufe“ und deren Zugangsvoraussetzungen europaweit zu untersuchen.

Hinter dieser Evaluierung steht die grundsätzliche Frage, ob der Meistertitel noch zwingend erforderlich ist, um einen Betrieb zu gründen und zu führen. Die Mitgliedstaaten sollen nun in einer gegenseitigen Evaluierung die Beschränkungen des Zugangs zu bestimmten Berufsgruppen überprüfen. Durch diese Evaluation droht die Gefahr, dass der Meistertitel als verpflichtende Grundlage für das Führen und Gründen eines Betriebes wegfällt und das duale Ausbildungssystem, um das uns viele Länder beneiden, ausgehöhlt wird.

Bereits im Jahr 2004 hat die damalige Bundesregierung im Rahmen der Novellierung der Handwerksordnung die Meisterpflicht unter anderem für Fliesenlegerbetriebe gekippt. In der Folge sanken die Ausbildungszahlen in diesen Berufen um mehr als die Hälfte während sich die Zahl der unqualifizierten Kleinstunternehmen annähernd verdreifachte. Wird die Meisterpflicht gekippt, geht wertvolles Know-how verloren. Das Nachsehen haben letztendlich die Verbraucher! Das erforderliche Wissen kann man nicht in einem vierwöchigen Crashkurs, sondern nur in einer mehrjährigen Ausbildung lernen, in der Theorie und Praxis gut aufeinander abgestimmt sind.

95 % der Azubis im deutschen Handwerk werden in Meisterbetrieben oder in Betrieben mit gleichwertig qualifizierten Betriebsleitern ausgebildet. Die Ausbildungsquote im deutschen Handwerk ist mit knapp 8 % sogar mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtwirtschaft. Bezogen auf die Zahl der ausbildungsfähigen Betriebe liegt die Quote im Handwerk sogar bei 25 %. Damit ist die nachgewiesene Qualifikation der Ausbilder im Handwerk wesentlicher Garant zum Beispiel für die in Deutschland mit etwa 7,4 % niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der EU.

Der qualifizierungsgebundene Berufszugang ist Voraussetzung für ein nachhaltiges, qualitätssicherndes Unternehmertum im Handwerk. Betriebsgründungen im zulassungspflichtigen Bereich sind überdurchschnittlich bestandsfest. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist der Meistertitel der Garant für qualitativ hochwertige Arbeit. Und diesen gilt es zu erhalten!

Gebäudesanierungsprogramme vorantreiben!

Schließlich möchte ich noch zwei Sätze zur derzeitigen Diskussion um die Absichtserklärung der Bundesregierung zur Energieeffizienz sagen. Wohlgemerkt handelt es sich hierbei nur um eine Absichtserklärung, nicht um einen Referentenentwurf und schon gar nicht um ein Gesetz. Wer nach derzeitigen Aussagen zwischen 2015 und 2020 in die energetische Gebäudesanierung investiert, also zum Beispiel die Fassade dämmt oder Isolierfenster einbaut, kann in Abhängigkeit vom Grad der Sanierung (hier sollen die Bedingungen an das CO2-Sanierungsprogramm geknüpft werden) über zehn Jahre zehn Prozent seiner Kosten von der Steuerschuld abziehen. Dabei ist an eine Deckelung von 10 – 25 % der absetzbaren Kosten gedacht. Die entgegen anderer Meldungen veranschlagten Kosten von einer Milliarde Euro will sich der Staat an anderer Stelle vom Bürger durch die Abflachung des Handwerkerbonus teilfinanzieren lassen. So ist entweder an die Einführung eines Sockelbetrages oder an eine Begrenzung von 15 – 20 % des absetzbaren Betrages gedacht. Bevor dieses zwischen 4 und 6 Mrd. Euro schwere Gebäudeprogramm jedoch in ein Gesetz gegossen werden kann, muss sich der Bund noch mit den Ländern einigen. Nachdem in der vergangenen Legislaturperiode ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung noch am Widerstand der Länder gescheitert war, bleibt zu hoffen, dass der Bundesrat sich dieses Mal nicht mehr verweigert.

Was nun das Saarland anbelangt, möchte ich bei all den Sorgen um die ausreichenden Investitionsmittel noch in aller Kürze zwei Dinge ansprechen, die uns besonders gefreut haben.

Das war einmal die bereits erwähnte Initiative zur Finanzierung der Kommunalstraßen und zum anderen die Schaffung einer Clearing- und Nachprüfungsstelle für VOB-Angelegenheiten im Mittelstandsförderungsgesetz. Bei Interesse können wir gerne nachher in unserer Diskussion noch näher darauf eingehen.

Am § 108 KSVG, meine sehr geehrten Damen und Herren, als Teil des Mittelstandsförderungsgesetzes haben sich damals die Geister geschieden, ging es doch um eine stärkere Beschneidung der Kommunen hinsichtlich ihrer privatwirtschaftlich ausgerichteten Betätigung. Lt. § 108 KSVG sind wirtschaftliche Unternehmungen von Kommunen nur zugelassen, wenn der öffentliche Zweck dies rechtfertigt und Privatinvestoren die Aufgabe nicht genauso gut übernehmen können. Mit der Lex Fischzucht wurde dieser Paragraph aufgeweicht.

Dass das Projekt „Fischzuchtanlage Völklingen“ nun letztendlich fehlgeschlagen ist, ist äußerst bedauerlich und schlecht für das Image des Saarlandes. Auf der anderen Seiten ist es vielleicht ganz heilsam, beweist es doch wieder einmal, dass die öffentliche Hand ihre unternehmerische Betätigung nur auf das unbedingt notwendige Maß der öffentlichen Daseinsvorsorge beschränken sollte. Natürlich muss eine Kommune in der Lage sein, im Rahmen der Daseinsvorsorge der Bevölkerung Strom, Wasser, Kanäle und Straßen zur Verfügung zu stellen und mit ihren Bauhöfen kurzfristig Schlaglöcher auszubessern. Darum geht es uns nicht. Es geht darum, dass die Kommunen sich zunehmend auf privatwirtschaftliches Terrain begeben, was – wie die Fischzuchtanlage nun beweist – schief geht oder schief gehen muss und letztendlich teuer für den Steuerzahler wird.

Baujahr 2014 zufriedenstellend!

Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Status Quo der aktuellen Baukonjunktur im Bund und im Saarland geben:

Nach einer Sommerflaute mit rückläufigen Umsätzen fällt bundesweit in der Bauwirtschaft auch die Herbstbelebung aus: So lag der baugewerbliche Umsatz der Betriebe im Bauhauptgewerbe im September um 2,0 % unterhalb des entsprechenden Vorjahreswertes.

Die Branche hatte mit einem stärkeren Plus gerechnet, insbesondere, da die Unternehmen noch über vergleichsweise hohe Auftragsbestände verfügen und ihnen im September sogar ein Arbeitstag mehr zur Verfügung stand als im entsprechenden  Vorjahresmonat. Aufgrund des starken ersten Halbjahres ergibt sich für die ersten drei Quartale aber immer noch ein Plus von 3,7 %. Für die Zukunft müssen sich die Bauunternehmen aber auf schwierigere Zeiten einstellen, der Auftragseingang ist im September um nominal 1,1 % zurückgegangen (real: -2,4 %), das war der vierte Rückgang in Folge. Damit schmilzt das Auftragspolster weiter ab: Insgesamt lag die Ordertätigkeit in den ersten neun Monaten nur noch um 0,8 % über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum (real: - 0,6 %).

Bei den vom Statistischen Landes- und Bundesamt veröffentlichten Daten werden beim Umsatz und der Zahl der Beschäftigten die Werte der Betriebe mit 1 – 19 Beschäftigten geschätzt. Lediglich die Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten werden monatlich befragt. Eine Ergänzungserhebung, bei der dann auch die Kleinbetriebe erfasst werden, wird im Juni durchgeführt, die korrigierten Werte mit der Veröffentlichung der Oktoberwerte im Dezember vorgelegt. Diese liegen uns leider zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vor. Anhand eines Beispiels aus dem vergangenen Jahr möchte ich Ihnen allerdings verdeutlichen, dass die uns derzeit mit – 6,1 % veröffentlichte Umsatzzahlen für alle Betriebe nicht realistisch erscheinen. So wurde im September vergangenen Jahres ein Umsatzrückgang von – 9,1 % im Vergleich zum Vorjahr gemeldet, nach Korrektur der Oktoberwerte kam es dann plötzlich zu einem Umsatzplus von 1,0 %.

Ähnliches könnte in diesem Jahr passieren, melden doch die Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigen ein Umsatzplus von 7,0 % von Januar bis September.

Daher möchten ich Ihnen gerne, fast druckfrisch aus unserer Sitzung des Erweiterten Beirates  am vergangenen Mittwoch die aktuellen Einschätzungen unserer  saarländischen Bauunternehmen vermelden.

So berichten die im Hoch-, Tief- und Ausbau tätigen Unternehmen insgesamt über ein zufriedenstellendes Jahr. Die durch den „warmen“ Winter (in dem die Betriebe faktisch durcharbeiten konnten) gewonnenen zusätzlichen Baumonate hätten allerdings nicht zu einem erhöhten Umsatz geführt. Sowohl im Ausbau- als auch im Hochbaubereich wird zunehmend der Wegfall von Aufträgen der öffentlichen Hand durch den privaten Wohnungsund Wirtschaftsbau kompensiert. Eine langfristige Planung wie sie früher im Ausbaubereich üblich war, wird heute von privaten Auftraggebern und zunehmend auch in der Wirtschaft nicht mehr praktiziert, kurzfristige Verfügbarkeit ist mit einem immer enger werdenden Mitarbeiterstamm zu bewerkstelligen. Denn das Fachkräfteproblem herrscht in allen Bereichen vor. Große Baumaßnahmen seien zunehmend aufgrund des Fachkräftemangels mit eigenem Personal kaum oder nur noch sehr schwierig realisierbar. Die angespannte Lage im öffentlichen Bausektor führe zu einem verstärkten Konkurrenz- und Preisdruck unter den Unternehmen. Dies hat zur Folge, dass die großen Bauunternehmen zunehmend ihre Aufträge außerhalb des Saarlandes generieren.

Zum Abschluss eines Jahres erwarten Sie natürlich von mir eine Einschätzung des Baujahres 2014 und einen Ausblick auf das Jahr 2015, was zugegebenermaßen immer sehr schwierig ist. Dazu möchte ich gerne die Bauvolumensrechnung des DIW und die Prognose des Sachverständigenrates mit heranziehen. Bitte beachten Sie, dass es sich hier nicht um Umsätze, sondern um Bauvolumen handelt:

Die Bauwirtschaft bleibt eine wichtige Stütze der deutschen Konjunktur. Der neuesten Bauvolumensrechnung des DIW Berlin zufolge dürfte der Wert der bundesweit erbrachten Bauleistungen im laufenden und auch im kommenden Jahr weitaus schneller steigen als die Wirtschaftsleistung insgesamt: 2014 um preisbereinigt 3,3 Prozent und 2015 um 2,1 Prozent.

Wesentlicher Wachstumsmotor ist derzeit der Wohnungsneubau. Das Bauvolumen dieses Bereichs wird 2014 nominal um fast zwölf Prozent steigen. Aber auch die Baumaßnahmen an vorhandenen Gebäuden legen in diesem Jahr deutlich zu. Neben dem Wohnungsbau entwickeln sich derweil, nach Rückschlägen in den vergangenen Jahren, auch der Wirtschaftsbau und der öffentliche Bau wieder positiver.

Die hohen Zuwächse des laufenden Jahres lassen sich im kommenden Jahr jedoch nicht wiederholen. Zwar bleibt der Wohnungsbau stabil. Befürchtungen, die Baupreise würden gerade in diesem Segment (zu) stark steigen, sind im Bundesdurchschnitt unbegründet.

Dennoch wird die Dynamik im Neubaubereich wohl merklich abflauen. Im Wirtschaftsbau sorgen zudem vor allem die sich eintrübenden konjunkturellen Aussichten für nur noch moderate Steigerungen des Bauvolumens. Die höchsten Zuwächse dürfte im Jahr 2015 der öffentliche Bau erreichen – wenngleich sich die jüngst angekündigte Investitionsoffensive des Bundes, selbst wenn im nächsten Jahr noch entsprechende Maßnahmen beschlossen werden sollten, wohl kaum bemerkbar machen wird.

Auch der Sachverständigenrat prognostizierte kürzlich zum Jahresende ein stabiles Wachstum der Bautätigkeit. Bei einem abgeschwächten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in 2014 von 1,2 % und 2015 von 1,0 % sollen hingegen die Bauinvestitionen mit 3,5 % und 2,0 % ihr höheres Wachstumstempo beibehalten.

Die saarländische Bauwirtschaft beendet das Jahr 2014 mit einem zufriedenstellenden Ergebnis und blickt positiv in das kommende Jahr 2015.

 

 

 

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