17.02.2014

Mit 38 zum Stuckateur-Gesellenbrief

Nach dem Motto „Es ist nie zu spät“ vollbrachte Michael Kirsch (39) aus Saarbrücken die tolle Leistung, neben seiner Rolle als Familienvater und Tätigkeit als Helfer seinen Gesellenbrief zu machen und gleichzeitig Landesbester bei den Stuckateuren zu werden.

Der Werdegang von Kirsch sollte auch ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose ermutigen, eine Ausbildung zu beginnen und einen Abschluss in einem zukunftsträchtigen Beruf zu machen. Im Umkehrschluss sollten auch Betriebe den Mut haben, Älteren eine Chance zu geben. Warum, das zeigt folgendes Interview mit Michael Kirsch, seinem Ausbildungsherrn im gleichnamigen Unternehmen Daniel Barth, Merzig, und seinem Ausbildungsmeister Michael Detemple im Ausbildungszentrum AGV Bau Saar.

AGV Bau Saar:  Herr Kirsch, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer herausragenden Leistung. Wie kamen Sie zum Beruf des Stuckateurs?

Kirsch: Zunächst einmal ist anzumerken, dass ich nicht erst jetzt zu meinem handwerklichen Beruf gekommen bin. Als junger Mann begann ich eine Lehre als Betonbauer und meinte zwischendurch, der Beruf des Stuckateurs wäre einfacher. Daher habe ich damals umgesattelt.  Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass das Stuckateurhandwerk gar nicht so einfach , aber sehr abwechslungsreich ist und riesig Spaß macht. Kurz vor meinem Abschluss als Geselle habe ich damals jedoch  die Ausbildung abgebrochen und bei der Firma Daniel Barth in Merzig angefangen als Helfer zu arbeiten.

AGV Bau Saar: Wie kam es dazu, dass Sie in ihrem „hohen“ Alter nochmals die Lehrbank drücken wollten und einen Abschluss anstrebten?

Kirsch: Eigentlich hatte ich schon immer vor, den Gesellenbrief nachzuholen. Doch es kam immer etwas dazwischen: Frau, Kinder, Haus, Beruf. Glücklicherweise musste ich nur das letzte Jahr wiederholen. Doch auch das war schon sehr schwierig: nochmals die Lehrbank drücken, die finanziellen Einbußen … Aber es hat sich gelohnt!

AGV Bau Saar:  Hatten Sie das Gefühl, durch Ihre frühere Tätigkeit im Vorteil gegenüber Jüngeren zu sein?

Kirsch: Ja, definitiv. Durch meine langjährige Tätigkeit als Helfer in meinem Beruf  wusste ich in der Schule und auf der Lehrbaustelle sofort, was von mir erwartet und verlangt wird.

AGV Bau Saar: Und wie war das zwischen all den Jungen?

Kirsch:  Eigentlich ganz gut, zumal ja nicht nur ganz junge Azubis da sind, sondern auch viele schon Mitte/Ende zwanzig sind.

AGV Bau Saar:  Haben Sie weitere Pläne?

Kirsch: Ja, ich habe vor noch meinen Meister zu machen.

AGV Bau Saar:  Herr Barth, Sie haben das Vorhaben von Herrn Kirsch vorbehaltlos unterstützt? Er hat doch sicher im Alltag gefehlt?

Barth: Michael Kirsch ist ein sehr guter Arbeiter und ist voll in den Betrieb integriert. Natürlich hat er im täglichen Ablauf gefehlt. Wir haben jedoch einen Zeitpunkt abgepasst, wo es das Betriebsgeschehen erlaubt hat. Michael hat das Jahr dann auch Gas gegeben und die Ausbildung rasch durchgezogen.

AGV Bau Saar:   Was hat der Abschluss nun Herr Kirsch oder Ihnen gebracht?

Barth: Vor allem ist sein Selbstbewusstsein gewachsen. Er hat im Ausbildungszentrum nochmals einen Feinschliff bekommen und achtet nun selbst auf Dinge, auf die ich vorher noch ein Augenmerk halten musste.

AGV Bau Saar:  Worin sehen Sie nun den Vorteil, ältere Arbeitnehmer einzustellen? Was empfehlen Sie anderen Betrieben?

Barth: Ältere Arbeitnehmer haben nach meiner Erfahrung ein gesteigertes Verantwortungsbewusstsein und den Willen, die begonnene Ausbildung durchzuziehen, insbesondere wenn Familie da ist. Kurz und gut: die Reife ist da. Aus eigener Erfahrung würde ich jederzeit wieder einen älteren Arbeitnehmer einstellen und ihm eine Chance geben.

AGV Bau Saar:  Herr Kirsch damals und heute – was ist der Unterschied?

Detemple:  Michael Kirsch war damals ein eher „wilder“ Kerl. Es ist sehr schön zu sehen, wie sich Michael weiterentwickelt hat und wie er in der sehr kurzen Vorbereitungszeit es hinbekommen hat, eine sehr gute Leistung abzuliefern. Er war nicht nur gut, sondern hat eine sehr gute Prüfung abgelegt. Eine Prüfung, die wirklich sehr schwer und anspruchsvoll war.

AGV Bau Saar:  Und Ihre Empfehlung an ältere Arbeitnehmer oder Arbeitslose?

Detemple: Es lohnt sich in jedem Alter, eine Ausbildung in einem bauhandwerklichen Beruf zu beginnen. Wichtig sind das Interesse an handwerklicher Tätigkeit und der unbedingte Wille, Leistung zu erbringen und die Ausbildung „durchzuziehen“. Mit der Unterstützung seines Ausbildungsbetriebes, der Berufsschule und hier im  Ausbildungszentrum kann auch ein älterer „Azubi“ einen sehr guten Abschluss machen, der sich nicht zum Schluss auch finanziell lohnt.

 

 

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