22.03.2013

Substanzverzehr durch mangelnde Investitionsbereitschaft

Seit Jahren erleben wir einen schleichenden bzw. sich bereits beschleunigenden Substanzverzehr. Die Bruttoinvestitionen für den Verkehr sind in Deutschland seit etwa 20 Jahren stagnierend, in jeweiligen Preisen gemessen. Real sind sie aber rückläufig, denn wenn man den Preisindex des Bruttoinlandsprodukts heranzieht, beträgt der reale Rückgang 24 %. Der Anteil der Verkehrsinvestitionen am BIP betrug 1992 noch rund 1 % und ist seither auf 0,7 % zurückgegangen. In diesem Zeitraum haben sich die Verkehrsleistungen im Personenverkehr um ein Viertel erhöht und diejenigen im Güterverkehr verdreifacht.

Der Vergleich zwischen der rückläufigen Investitionsquote im Verkehr mit den kräftig gestiegenen Belastungen der Netze bewirkt, dass die Qualität de Infrastrukturnetze deutlich abgenommen hat. Dafür sprechen einige Indikatoren, wie der gesunkene Modernitätsgrad des gesamten Verkehrsnetzes seit 1990 oder die sinkenden Zustandsnoten für die Bundesfernstraßen. So haben zum Beispiel 19,6 % der Autobahnstrecken und 41,4 % der Bundesstraßenabschnitte den „Warnwert“ 3,5 erreicht bzw. überschritten. Die Warnwertüberschreitung gilt auch für 46,1 % der Brücken an Bundesfernstraßen. Die Folge dieser Überschreitungen sind Ganz- oder Teilsperrungen von Autobahnen: Ein aktuelles saarländisches Beispiel stellt die Sperrung der A1-Illtalbrücke dar. Im Schienennetz ist ein Drittel aller Eisenbahnbrücken bereits älter als 100 Jahre.

Der jährliche Finanzierungsbedarf für Straßen in der Baulast der Kommunen liegt bei rund 11 Mrd. EURO. Mit gegenwärtig 5-6 Mrd. EURO jährlicher Investition wird der Bedarf bestenfalls zur Hälfte abgedeckt.

Während den Kommunen für den Aus- und Neubau ihrer Straßen Mittel aus den kommunalen Haushalten mit Zuweisungen der Länder, Erschließungsbeiträgen von Anliegern und Mitteln aus dem Entflechtungsgesetz zur Verfügung stehen, muss der als besonders dringlich erkannte Erhaltungsaufwand nur aus Haushaltsmitteln finanziert werden.

Gemeinsam mit sechs weiteren Landesverbänden und dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes hat der AGV Bau Saar daher eine Studie in Auftrag gegeben, die alternative Finanzierungsquellen für Instandhaltungsmaßnahmen im kommunalen Straßenbau untersucht hat. Nach der von Rechtsanwalt Michael Halstenberg erarbeiteten Studie „Kommunaler Straßenbau – Anforderungen an den Unterhalt und alternative Finanzierungsmöglichkeiten der Gemeinden“ kommen weder Steuern noch Gebühren oder Beiträge in der jetzigen Form als Finanzierungsquellen von Instandhaltungsarbeiten an kommunalen Straßen in Betracht.

Das Gutachten legt deshalb nahe, das kommunale Abgabenrecht der Länder auf ein System von wiederkehrenden Straßenbaubeiträgen umzustellen. Die Hauptvorteile solcher Systeme liegen vor allem darin, dass sich mehr Beitragsgerechtigkeit erzielen lässt und die Kosten von Baumaßnahmen zeitlich und anteilmäßig gleichmäßiger verteilt werden können.

Ohne ein entsprechendes zusätzliches Finanzierungsinstrument für den Straßenunterhalt werden die Kommunen trotz der Finanzzuweisungen von Bund und Ländern nicht mehr in der Lage sein, ihre Straßen in Schuss zu halten. Weil fast 2/3 des deutschen Straßennetzes in der Hand der Kommunen liegen, droht Deutschland der Verlust einer funktionierenden Verkehrsinfrastruktur, auf die die deutsche Volkswirtschaft dringend angewiesen ist.

Die Bauwirtschaft fordert seit Jahren eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Landstraßen und die Einführung einer Pkw-Maut. Daher begrüßen wir die derzeitige Diskussion um die Einführung dieser Finanzierungssysteme und hoffen auf einen positiven Ausgang im Sinne der Infrastruktur und unserer Bauunternehmen.

Sperrfrist:   22. März 2013, 11.00 Uhr

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