15.04.2016

Bezahlbarer Wohnungsbau

Vor dem Hintergrund des Flüchtlingszuzugs hat das im Bundesministerium für Umwelt und Bauen (BMUB) eingerichtete „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ geeignete Maßnahmen zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum erarbeitet und ein 10-Punkte-Programm für eine Wohnungsbauoffensive vorgelegt. Empfohlen wird u.a., die Musterbauordnung einheitlich in allen Bundesländern zu übernehmen. Das Bauordnungsrecht liegt jedoch in der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder.

Das Normungswesen in Deutschland – derzeit existieren ca. 3.300 baurechtlich relevante Normen – wird oft als zu umfangreich und praxisfern betrachtet. Ein Grund dafür ist, dass sich die Betroffenen aus der Praxis zu selten mit ihrer Expertise an den Normungsprozessen beteiligen. Vor diesem Hintergrund arbeitet das BMUB an einer Verbesserung der Normung, um Standards zukünftig praxisgerechter zu gestalten und Kosten zu deckeln.

Eine Studie der „Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen“ zeigt, dass zusätzliche staatliche Vorgaben insbesondere in Sachen Energieeinsparung, Sicherheit und Naturschutz die Preise deutlich in die Höhe getrieben haben. Während die Rohbaukosten eher unter der allgemeinen Inflation liegen, sind bei den Ausbaukosten zwischen 2000 und 2014 rund 70 % mehr für einen Quadratmeter Wohnfläche zu bezahlen. Die Ausgaben für ein Mehrfamilienhaus zum Beispiel sind im benannten Zeitraum im Schnitt von 2.209 Euro pro Quadratmeter auf 3.080 Euro gestiegen (+ 40 %). 426 Euro werden allein durch die verschärften Vorgaben für Energieeffizienz, Brand- und Schallschutz oder Sturmsicherheit verursacht.

Mittlerweile steht die immer teurere und aufwändigere Technologie in keinem Verhältnis mehr zum ökologischen Nutzen und ist für Bauherren und Investoren selten mehr als imageförderndes Greenwashing. Die Übertechnisierung hat sich zu einem zentralen Problem des Wohnungsbaus entwickelt. Die Bauwerkskosten pro m2 erhöhen sich allein nach den vom 01.01.2016 an geltenden verschärften energetischen Anforderungen um rund 100 EURO/m2, das ist ein Plus von 8 %. Die erzielbaren Energieeinsparungen können diese Mehrkosten aber bei weitem nicht mehr ausgleichen und der Nutzen ist bei sinkenden CO2-Emissionen um 0,02 % kaum messbar.

Rund 40 % des Kostenschubs sind letztlich auf die öffentliche Hand zurückzuführen. Die Grunderwerbssteuer ist für die Bundesländer mittlerweile zur wichtigsten Steuer geworden, über die sie alleine entscheiden können. Wenn Wohnen in Deutschland immer teurer wird, ist das auch der fortlaufenden Erhöhung der Grunderwerbssteuer geschuldet. Bis 2006 lag der Steuersatz bundeseinheitlich bei 3,5 %, im Saarland wurde er zuletzt zum Januar 2015 auf den Spitzensatz von 6,5% erhöht.

Nach einer an der RWTH Aachen gefertigten Studie wird in den nächsten 5 Jahren eine weitere Baupreiserhöhung um mehr als 30 % erwartet. Davon gehen jeweils 8 %-Punkte auf die Vorschriften zur Energieeinsparung und zur Barrierefreiheit zurück. Solche kostentreibenden Vorschriften gehören dringend auf den Prüfstand, wenn die Kostenspirale endlich gestoppt werden soll. Lärmschutzstandards, Bereitstellung von Stellplätzen, Vorschriften zur Fassaden- und Dachbegrünung und für barrierefreies Wohnen müssen dazu auch am Markt und an den realen Gegebenheiten vor Ort orientiert werden.

Ohne eine grundsätzliche Neukonzeption der Vorschriften zur Energieeffizienz und größere gesetzgeberische Zurückhaltung in Bezug auf neue Standards sowie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen durch Verkürzung der Abschreibungsfristen wird es nicht gelingen, Investitionen in den Wohnungsbau noch einmal deutlich attraktiver erscheinen zu lassen.

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