17.03.2017

Infrastruktur

Deutschland nimmt so viel Steuern ein wie nie zuvor. Zugleich verrottet die Infrastruktur. Dass Rekordeinnahmen und der zunehmende Verfall der öffentlichen Infrastruktur zeitgleich auftreten können, hat zwei Gründe: Ein Teil der Körperschaften hatte trotz der guten wirtschaftlichen Lage Deutschlands und des Wachstums seit gut sieben Jahren keinen oder kaum Anteil daran. Nordrhein-Westfalen zum Beispiel, das Saarland, Bremen oder auch Berlin. Dort sind die Schulden hoch, es wurde über Jahre gespart. Die Infrastruktur wird auf Verschleiß gefahren. Dies hatte der AGV Bau Saar seit über 20 Jahren unermüdlich und gebetsmühlenartig angeprangert.

Erst durch die plötzliche Vollsperrung  der Fechinger Talbrücke im Frühjahr 2016 ging ein Ruck durch das Saarland. Wurde vorher die Einhaltung der Schuldenbremse  als Monstranz vor sich hergetragen, war plötzlich das Thema „Infrastruktur“, „Fahren auf Verschleiß“ und „Investitionsstau“ in aller Munde. Da wurde zur Krisenbewältigung eine „Task Force Brücken“ eingerichtet, Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer versprach eine  weitreichende Reform der Behördenstruktur und Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger kündigte an, beim LfS kurzfristig Personal aufzustocken.    

Dass die stete Kritik der Bauwirtschaft am Zustand der Infrastruktur und an der Investitionszurückhaltung der öffentlichen Hand nicht zuletzt aufgrund aktueller Ereignisse Früchte getragen hat, zeigt die nun eingeleitete Investitionswende – mit unterschiedlichen Reaktionszeiten in Bund, Land und Kommunen.

Durch den von Bundesminister Alexander Dobrindt zu Beginn des Jahres 2016 initiierten Investitionshochlauf stieg die Investitionslinie für die Infrastruktur allein im Jahr 2016 auf mehr als 13 Milliarden Euro. Bis 2018 soll sein Investitionshochlauf insgesamt 40 % ausmachen. Für die Autobahnen und die Bundesstraßen standen 2016 rund 7,4 Milliarden Euro zur Verfügung; dabei galt der Grundsatz „Erhalt vor Neubau“. Damit gab es vergangenes Jahr so viele Mittel wie nie zuvor für den Bau, den Erhalt, die Modernisierung und den Betrieb der Bundesfernstraßen in Deutschland. Das entspricht für 2016 einer Rekorderhöhung um 19 Prozent bzw. 1,17 Milliarden Euro mehr gegenüber dem Haushaltsansatz 2015. Die Investitionswende bescherte der Bauwirtschaft bundesweit ein Plus bei den Auftragseingängen von rund 9 %.

Das Problem ist nur: Wer so viel Geld in die Hand nimmt, muss sicherstellen, dass es am Ende auch vernünftig ausgegeben werden kann. Zwar gilt für die Straßenbaumittel im Bundeshaushalt mittlerweile die Überjährigkeit – Geld, das nicht abfließt, darf auf den nächsten Haushalt übertragen werden. Damit wurde ein Problem des bestehenden Systems angegangen – dass nämlich wegen Mängeln oder Zeitverzug bei der Planung oder Bauausführung Projekte stocken und die Mittel dann zunächst verfallen. Derzeit ist der Umbau der Straßenverwaltung in eine „Bundesfernstraßengesellschaft“ in aller Munde, der nicht unbedingt auf allen Ebenen als zweckheiligendes Mittel angesehen wird.

In der Zwischenzeit hat auch im Saarland der Investitionshochlauf – zumindestens in kleinerem Umfang - begonnen. In einem Sonderprogramm versprach Innenminister Bouillon zu Beginn des Jahres 2017 allen Städten und Gemeinden sechsstellige Summen für ihre Straßen zuzuteilen, und zwar ohne dass die Kommunen einen Eigenanteil leisten müssten. Laut Bouillon können nun mit 20 Mio Euro 200 Kilometer Straße saniert werden. Die avisierten 20 Millionen reichen jedoch bei Weitem nicht aus, um den Sanierungsstau bei den kommunalen Straßen aufzulösen. Darüber hinaus kann man nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Mittel für die Sanierung von 200 km Straße ausreichen. Da vielerorts vor allem die sog. Grundhafte Erneuerung von Kommunalstraßen dringend erforderlich ist, ist diese Zahl nicht belastbar.

Ebenfalls zu Beginn des Jahres 2017 versprach Verkehrsministerin Anke Rehlinger  mehr zu investieren. Von den 1500 Kilometern Landstraße im Saarland sind 630 Kilometer in einem schlechten Zustand. Damit sich der Zustand der Landstraßen nicht weiter verschlechtert, müsste das Land pro Jahr 27,5 Millionen Euro in die Sanierung stecken. Im saarländischen Haushalt sind derzeit aber nur 16 Millionen Euro für die Erhaltung der Landstraßen und der 400 Brücken des Landes vorgesehen. Durch Personaleinstellungen beim LfS solle, so die saarländische Verkehrsministerin, zudem dafür gesorgt werden, dass Bundesmittel künftig voll ausgeschöpft würden.

Was für die Bauverwaltung auf der einen Seite gilt, gilt auf der anderen Seite auch für die Unternehmen der Bauwirtschaft. Denn  nur mit einem ausreichenden Personalstamm können die zu bewältigenden Aufgaben geleistet werden. Daher ist es für die Bauwirtschaft aus unternehmerischer Sicht wichtig, in Politik und Verwaltung einen zuverlässigen Partner an ihrer Seite zu haben, der mit mittel- und langfristigen Planungen sowohl die eigene Investitions- und Personalplanung als auch die der Unternehmen nachhaltig sicherstellt.

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