17.03.2017

Wohnungsbaupolitik

Die Bundesregierung hat im Rahmen ihres Koalitionsvertrages eine hohe Wohn- und Lebensqualität der Menschen in Deutschland als ein wichtiges Ziel ihrer Politik bezeichnet und versprochen, mit einer Baukostensenkungskommission preistreibende und überdimensionierte Standards und Kosten von Materialien und Verfahren, insbesondere der energetischen Sanierung, zu überprüfen. Das unter der Leitung des Bundesbauministeriums einberufene „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ verfolgt das Ziel, die Voraussetzungen für den Bau und die Modernisierung von Wohnraum in guter Qualität vorzugsweise im bezahlbaren Marktsegment zu verbessern.

Allein in den Jahren zwischen 2006 und 2009 waren die Fertigstellungszahlen im Wohnungsneubau um 40 % gefallen. Zu dieser Entwicklung hat die Politik vom Bund bis zu den Kommunen durch Streichung der degressiven AfA, die fortlaufende Verschärfung der EnEV-Vorschriften, Erhöhungen der Grunderwerbssteuer sowie mangelnde Baulandbereitstellung ihren Beitrag geleistet. Allein in der laufenden Legislaturperiode wurden in den Jahren 2013 bis 2016 insgesamt gut 400.000 Wohnungen zu wenig gebaut, vom versäumten Aufholen der in den Vorjahren aufgelaufenen Rückstände ganz abgesehen.

Mittlerweile sieht auch das Bundesbau- und Umweltministerium einen Neubaubedarf von 400.000 Wohnungen jährlich. Die immer deutlicher werdende Verknappung bezahlbaren Wohnraums für einkommensschwache Bevölkerungsschichten in den Großstädten und die seit 2015 erheblich angestiegene Migration haben zu einem politischen Umdenken geführt.

Die Baukostensenkungskommission hat in ihrem Abschlussbericht die erhöhten Grund- und Grunderwerbssteuern, verschärfte Stellplatzauflagen, überzogene städtebauliche und bauaufsichtliche Anforderungen, maximale Vorgaben für Barrierefreiheit, unzureichende Ausweisung von Bauland sowie überhöhte Preise für kommunale Grundstücke als wesentliche Kostentreiber benannt. Unter dem Strich dürfte rund ein Drittel der Wohnungsbaukosten durch die von der Baukostensenkungskommission identifizierten Kostentreiber verursacht sein, was zwangsläufig eine Schmälerung des eigentlichen Bauvolumens zur Folge hat.

Durch Stärkung der Investitionstätigkeit, Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus und  ausgewogener mietrechtlicher und sozialpolitischer Flankierung will die Bundesregierung ihre Zielsetzung eines bezahlbaren Wohnungsbaus erreichen.

Obwohl das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen sich für steuerliche Anreize zur Verstärkung der Wohnungsbautätigkeit ausgesprochen hatte, ist der dazu ausgearbeitete Gesetzentwurf der Bundesregierung noch immer nicht verabschiedet. Und nachdem im Zeitraum von 2002 bis 2013 der Bestand an Wohnungen im sozialen Wohnungsbau um eine Million zurückgegangen ist, zahlt der Bund jetzt wenigstens im Rahmen des sogenannten Entflechtungsgesetzes jährlich 518 Mio. EURO an die Länder. Allerdings würde eine Verdreifachung der Bundesmittel gebraucht, um von den ca. 140.000 jährlich zusätzlich benötigten Wohnungen im Mietwohnungsbau die Hälfte im sozialen Wohnungsbau erstellen zu können.

In den Haushaltsjahren 2017 bis 2019 werden die Mittel nun um jährlich 500 Mio. EURO erhöht und damit den Ländern insgesamt über 1 Mrd. p.a. an Mitteln zur Verfügung gestellt. Für 2017 bis 2020 werden weitere 500 Mio. EURO jährlich für Zwecke des Wohnungsbaus bereit gestellt, über deren genaue Verwendung aber noch zu entscheiden ist.

Eine zentrale Rolle spielt der Gebäudesektor nach wie vor bei der Erreichung der nationalen Klimaschutzziele, denn rund 40 % des gesamten Energiebedarfs wird für Heizung, Warmwasserversorgung und Beleuchtung von Gebäuden benötigt. Von mehr als 40 Mio. Wohneinheiten wurden über 90 % vor 2000 und damit vor der ersten Stufe der Energieeinsparverordnung errichtet. Nach wie vor weisen ca. 80 % aller Bestandsgebäude noch erhebliche Energieeinsparpotenziale auf. Weil die Modernisierungsquote bei unter 1 % jährlich verharrt, ist sicher, dass mit dem bisherigen Modernisierungstempo die klimaschutzpolitischen Ziele klar verfehlt werden.

Trotzdem ist der Wohnungsbaumarkt derzeit einer der größten Wachstumsimpulsgeber für die Bauwirtschaft. Auch in den nächsten Jahren wird die Nachfrage nach Wohnraum und Wohnbauland weiter steigen, durch den Trend der Urbanisierung vor allem in den Ballungsräumen. Aus Mangel an attraktiven Alternativen fließt derzeit viel Anlagekapital in den Bau von Wohnungen. Die zunehmenden Genehmigungszahlen dürfen aber nicht dazu verleiten, dass Umsatzwachstum im Wohnungsbau als Selbstläufer zu betrachten. Nach wie vor wird für eine nachhaltige Ankurbelung des Wohnungsbau eine Entlastung des Baurechts von unnötigen Anforderungen, die Durchforstung sämtlicher kostentreibender Standards sowie eine Baulandoffensive der Kommunen gebraucht.

 

 

 

 

 

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